Ein Mitglied des Vorstands bei Ben & Jerry’s hat mich neulich an ein geläufiges Zitat erinnert: “Elend macht einen nicht stärker, es deckt die wahre Stärke auf.” Ich denke viel über diese Worte nach, wenn ich die chaotischen Reaktionen der Regierungen beobachte. Aber ich sehe auch die unglaubliche Entschlossenheit und Stärke, die von unerwarteten Helden erbracht werden. Wie die verschiedenen Nationen auf die Krise reagieren und wie wir Unterstützung und Hilfe für die Menschen in Not leisten, offenbart mehr über unser eigenes Land als jede Rede, Tweet oder Pressekonferenz es je tun könnte.
Als CEO eines Unternehmens, das in über 40 Ländern Eiscreme verkauft, bin ich überwältigt davon, wie schnell unsere Welt sich verändert. Die rapide Verbreitung des Virus resultiert in den schnellsten und schwerwiegensten wirtschaflichen Zusammenbruch seit fast 100 Jahren. Globale Lieferketten wurden abgebrochen und das Alltagsgeschäft für viele Unternehmen hat sich radikal verändert. Unternehmen benötigen Sicherheit, aber diese Krise hat Unsicherheit in einem unerträglichen Ausmaß ausgelöst. Und noch viel schlimmer: Die Folgen für die Menschen sind unvorstellbar. Hundertausende sind krank geworden, Tausende sind gestorben und Millionen Menschen haben ihre Lebensgrundlage verloren.
Es gibt viele Dinge, die wir nicht über das Virus wissen, aber es ist offensichtlich, dass die am meisten gefährdeten Menschen unter uns auch die sind, die am meisten darunter leiden werden. Nichts nach Corona wird wieder so sein wie früher. Die wahre Frage ist deshalb, ob wir stärker, verbündeter und besser für die Zukunft vorbereitet aus dieser Krise rauskommen werden. Oder eine Verstärkung der sozialen Ungleichheiten, Polarisierung, Dysfunktionalität und Misstrauen in unsere Regierung erleben werden – eine Alternative, die vollkommen inakzeptabel ist. Ich glaube daran, dass sich aus diesem Moment der Unruhe und des Chaos eine Chance ergibt, die wir vorher nicht gesehen haben – nun aber moralisch dazu verpflichtet sind, sie zu ergreifen. Die Chance ist, dass wir nicht zur alten Normalität zurückkehren, sondern eine neue Normalität erschaffen, die auf einer gerechten, gleichberechtigten und nachhaltigen Wirtschaft aufbaut.
Als Reaktion auf den weltweiten Finanzkollaps von 2008 profitierten dieselben Finanzinstitute, die die Krise verursacht hatten: Diejenigen, die als "zu groß, um sie zu verlieren" eingestuft wurden, wurden von einer massiven Rettungsaktion unterstützt, die von den Bürgern finanziert wurde. Es war ein Rettungspaket für die obersten 1%. Die Arbeitslosigkeit explodierte, viele verloren ihre Lebensgrundlage oder landeten in der Kurzarbeit. Steigende Sozialausgaben und Rettungsmilliarden für Banken belasteten die Staatshaushalte besonders in den schwächeren Ländern des Euroraums und führten in die Eurokrise. Die Reaktion auf die Krise von 2008 war damit sowohl auf der linkspolitischen als auch auf der rechtspolitischen Seite allgemein unbeliebt.
Die Auswirkungen des Coronavirus werden den finanziellen Zusammenbruch von 2008 in den Schatten stellen. Diesmal müssen die Menschen und nicht die großen Unternehmen Vorrang haben. Diesmal soll unsere Reaktion daran erinnern, wie wir die Menschen und lokalen Unternehmen unterstützt haben, die das Herz unserer Gesellschaft und der wahre Antrieb der Wirtschaft unseres Landes sind. "Zu klein, um sie zu verlieren" sollte das Leitprinzip sein, das die Rettungs- und Konjunkturprogramme definiert, die in der ganzen Welt Gestalt aufgestellt werden.
Deshalb freue ich mich, dass sich Ben & Jerry's einer weltweiten Bewegung angeschlossen hat, die zu einem Rettungspaket für Menschen aufruft. Das "People's Bailout" besteht aus fünf Prinzipien, die politische Entscheidungsträger*innen berücksichtigen sollen, wenn sie angesichts von Corona über finanzielle Unterstützung und langfristige Hilfe entscheiden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die politischen Zuständigen die Probleme der Vermögensungleichheit, des Rassismus und des unkontrollierbaren Klimawandels in den Vordergrund stellen. Diese Herausforderungen waren schon lange vor dieser Krise offensichtlich und laufen nun in Gefahr, sich sogar zu verschärfen. Wenn wir die Konjunkturprogramme unserer Länder aufbauen, müssen wir uns darauf konzentrieren, Leben zu retten und gleichzeitig mutig den Weg zu einer gerechteren, gleichberechtigteren und nachhaltigeren Wirtschaft zu beschreiten.
Ich hoffe, dass sich andere Unternehmer*innen und Bürger*innen für die Unterstützung “People’s Bailout” einsetzen werden. Der Bedarf ist groß, und wir dürfen keine Zeit verlieren. Ihr könnt mehr erfahren und euch zur Unterstützung des People's Bailout unter ThePeoplesBailout.org anmelden.
Matthew McCarthy, CEO von Ben & Jerry’s.